Sanktionen gegen die gelbe Gefahr

Samstag, 26.08.2023

Mirko Matytschak

Es begegnen mir relativ viele Personen, die finden, dass von China eine Gefahr für uns ausgeht. Wie auch immer diese Gefahr konkret aussehen soll, bleibt diffus. Die Angst findet immer irgendeinen Grund. Vor dem Hintergrund dieser Angst lassen sich seltsame Sanktionen gegen chinesische Firmen durchsetzen.

Es erinnert sich heute kaum jemand mehr daran, warum die USA überhaupt Sanktionen gegen Huawei verhängt haben. Man hat sich irgendeine Geschichte von wegen der Umgehung von Sanktionen gegen den Iran aus dem Allerwertesten gezogen, eine Geschichte, für die bis heute jeglicher Beweis fehlt. Was diese Sanktionen anbetrifft, die da verhängt werden, gründen sie nicht etwa auf UNO-Resolutionen oder irgendeiner sonstigen Rechtsgrundlage. Sie sind reine Willkür.

Warum wollen die USA just eine Handvoll chinesischer Firmen sanktionieren? Es fällt auf, dass es Firmen sind, die im Bereich der Informationstechnologie unterwegs sind. Huawei hatte mit seiner 5G-Entwicklung etwa 1,5 Jahre Vorsprung vor US- und europäischen Herstellern. Es liegt also der Schluss nahe, dass die Sanktionen eher damit, als mit dem Iran zu tun haben. Es drängt sich der Gedanke auf, dass sie einfach nur die technologische Entwicklung Chinas stoppen wollen. Es gibt hier einen schönen Artikel im Guardian, der in seinem ersten Satz zusammenfasst, worum es hier geht:

Huawei has been accused by a leading association of semiconductor manufacturers of building a collection of secret chip-making facilities across China to help the technology company bypass US sanctions, according to a report.

Man verbietet mit Sanktionen den Chipherstellern, an Huawei Chips zu liefern. Und nun fertigt Huawei seine eigenen Chips. Das ist an sich die logische Fortsetzung der Geschichte. Dass das passiert, hätte man sich denken können. Hat man auch.

Man muss dazu wissen, dass es Sanktionen gegen China gibt, die es dem niederländischen Hersteller von Belichtungsmaschinen, ASML, verbieten, an China Geräte zu verkaufen, die die neueste Technologie nutzen. Das schränkt die Möglichkeiten für chinesische Firmen ein, die Chips, die sie brauchen, selbst herzustellen.

Ein paar Details an dem Zitat aus dem Guardian lassen erkennen, worum es tatsächlich geht. Zunächst einmal das Wort „heimlich“. Das klingt so, als ob die USA ihre Rechtsvorstellung auf chinesischem Boden durchsetzen könnte und die chinesischen Firmen daher heimlich produzieren. Die USA können natürlich ihre Sanktionen nicht in China durchsetzen, wieso auch?

Mit den alten Belichtungsmaschinen wollen nun offensichtlich chinesische Firmen, die möglicherweise Huawei gehören, Chips herstellen, die Huawei für seine Produktion benötigt. Und diese Firmen lassen besser nicht erkennen, dass sie Huawei gehören, denn sie müssen dann fürchten, dass die internationalen Sanktionen noch weiter verschärft werden.

Das zweite Detail, das ich aus dem Zitat herausgreifen möchte, ist das Wort „beschuldigt“ und die Quelle, die diese Beschuldigung ausspricht. Das ist nicht etwa die UNO oder irgendeine Behörde oder ein Geheimdienst, der das herausgefunden hat, nein, das ist eine führende Vereinigung von Chipherstellern.

Worum es wirklich geht

Es geht hier nicht um den Iran. Es geht hier nicht um Menschenrechte. Auch alle Geschichten um Taiwan sind nur vorgeschoben.

Es geht bei diesen Sanktionen ganz klar darum, die Entwicklung chinesischer Technologiefirmen zu zerstören, damit diese nicht zu Konkurrenten der US-Firmen (und damit auch der wenigen verbliebenen europäischen Hersteller) heranwachsen. Man zerstört mutwillig einen ganzen Wirtschaftszweig in China, um zu verhindern, dass dieser uns zeigt, dass ein Wirtschaften á la Siemens nicht langfristig tragfähig sein wird.1

Das ist die eigentlich erschütternde Nachricht. Firmenverbände nötigen die Politik zu einem Wirtschaftskrieg, sie nötigen die Politik, Sanktionen zu verhängen, die möglicherweise einen militärischen Krieg heraufbeschwören2, um ihre Pfründe zu sichern. Sie beobachten mit Argusaugen (oder mit Hilfe der Geheimdienste) die Entwicklung ihrer Branche in China, um rechtzeitig mit „Sanktionen“ gegensteuern zu können.

Firmen wie Nvidia scheffeln Milliarden mit Hypes, die uns technologisch und wirtschaftlich nichts bringen werden (und nebenbei Strom in der Größenordnung von Millionenstädten verbraten), und die Politik schützt dieses Gebaren vor Herstellern, die mit ihren Innovationen die Technologie in Bereichen voranbringen, die wir wirklich sinnvoll einsetzen können – wie zum Beispiel der Netzwerktechnologie.

Ich fürchte, dieser Schutz der Ideenlosigkeit durch politische Sanktionen wird uns irgendwann schwer vor die Füße fallen.

 

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1 Das erinnert ein wenig an die 80er Jahre, als die große Gefahr heraufbeschworen wurde, die von japanischen Unternehmen ausgegangen sein soll. Es wurden Schreckensszenarien an die Wand gemalt, wie unsere Wirtschaft gegen die japanische Wirtschaft unterliegen wird und wir dadurch politisch unter den Einfluss Japans geraten. Mit China ist die Lage ein wenig anders. Der mangelnde Schutz der Menschenrechte in China wurde von westlichen Unternehmen genutzt, um China zur Produktionsstätte der westlichen Welt zu machen. Die Unsummen Geldes, die deshalb nach China flossen, wurden von der Regierung und den Unternehmen dort – aus deren Sicht – ziemlich sinnvoll eingesetzt, um durch Einkauf westlicher Technologie das Land zu entwickeln. Das Geld, das nach China floss, machte China übrigens zu einem interessanten Absatzmarkt für westliche Luxusgüter. Auf beides: Die günstige Produktion von Waren und den Absatzmarkt werden westliche Firmen ungerne verzichten wollen. Darauf wird es aber herauslaufen, wenn die Sanktionen und das politische Zündeln nicht aufhören.

2 Ja, ich weiß: Der Krieg wäre dann eine Folge der chinesischen Aggression gegen Taiwan.

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