UNSER Wohlstand ist in Gefahr!

Donnerstag, 18.04.2024

Mirko Matytschak

Bei Markus Lanz diskutieren die Grüne Katharina Stolla und Herr Amthor von der CDU über die 4-Tage-Woche. Heraus kommt, dass beide recht haben. Nur: mindestens einer von beiden weiß nicht, warum.

Nicht, dass ich mir im Ernst den Herrn Lanz noch anschaue. Das ist seit einigen Jahren nicht mehr der Fall, daher kommentiere ich das normalerweise auch nicht. Aber wer kann bei einer solchen Überschrift in der Nachbeprechung schon widerstehen:

Viertagewoche: Phillip Amthor sieht unseren Wohlstand bedroht

Herr Amthor hat Recht

Der Herr Amthor hat Recht. Die 4-Tage-Woche bedroht „unseren“ Wohlstand. Aber mit „uns“ meint er natürlich nicht den Wohlstand der Bevölkerung, sondern den Wohlstand derer, die glauben, dass sie aufgrund ihrer privilegierten Stellung in der Gesellschaft1 Anspruch auf die Früchte der Arbeit der Bevölkerung haben.

Herr Amthor ist ja das Aushängeschild der Union, wenn es darum geht, dass konservative Politik nicht ausschließlich vom senilen Teil der Bevölkerung betrieben wird. Wir erinnern uns noch lebhaft an sein peinliches Antwortvideo auf die Zerstörung der CDU durch Rezo. Sein Coolness-Faktor beim jungen Teil der Bevölkerung ist hiermit schon hinlänglich dargelegt. Schade, dass das Video schon nach wenigen Tagen wieder offline genommen wurde.

Sehr gut in Erinnerung geblieben ist uns auch sein Engagement bei der Firma Augustus Intelligence, einem Fake-Unternehmen ohne Produkt, das irgendwas mit KI vorhatte und vor allem aufgrund der guten Beziehungen zur Regierung Merkel2 Förder- und Investorengelder einsammeln wollte. Ihr könnt Euch ja selber ausmalen, was mit den Geldern passiert wäre, wenn sie einmal geflossen wären. In meinen Augen ist das Betrug, aber Betrug wird bei Personen aus privilegierten konservativen Kreisen nicht unbedingt verfolgt.

Warum hat der Herr Amthor also Recht? Weil der Wohlstand der Zirkel, in denen er sich aufhält, zu Gunsten von mehr Freizeit und damit Kreativität in der Bevölkerung etwas reduziert werden könnte, wenn die Unternehmen nicht intelligent mit dieser Herausforderung umgehen.

Frau Stolla hat Recht

Und die Frau Stolla hat Recht, weil vor allem junge Menschen keinen Bock darauf haben, 5 Tage in der Woche für den Wohlstand des Herrn Amthor und seiner konservativen Spezls zu arbeiten. Ich habe mich ein wenig in der Bevölkerung umgehört und bekomme von jungen Leuten ein katastrophales Zeugnis der Politik der letzten 40 Jahre zu hören.

Einer der Faktoren der Kritik ist – neben dem Klimaproblem – die rasante Geldentwertung und Zinspolitik. Hatte vor 40-50 Jahren eine angestellte Person noch eine reelle Chance auf den Erwerb und die Finanzierung eines Eigenheims, so ist dieses Ziel heute völlig aus der Erreichbarkeit geraten. Die sagen sich also: Was ich in 4 Tagen verdienen kann, reicht mir zum Leben. Was ich in 5 Tagen verdienen kann, reicht nicht, um mir substantiell mehr leisten zu können, zum Beispiel eine Wohnung oder ein Haus.

Wie heißt es so schön: Diese Aussagen entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion. Aber sie treffen den Punkt. Sie spiegeln die Stimmungslage im jüngeren Teil unserer Bevölkerung wider. Die Politik, und vor allem 32 Jahre konservative Politik in der Vergangenheit haben dafür gesorgt, dass die Jugend nicht weiß, wofür sie sich „mit harter Arbeit“ engagieren könnte3.

Die Aussicht, von unserer Rüstungslobby und den Kriegstreibern im Parlament und in den Medien in einen Krieg gezogen zu werden, verbessert die Situation nicht wirklich.4

Wenn Euch also irgendjemand etwas von „Die Grünen und die Ideologie“ erzählen will, dann erinnert Euch daran, was der Herr Amthor von Euch will: Schön buckeln und das Maul halten. Und dafür werden solche Diskussionen lanziert. Das ist Ideologie.

Und glaubt ja nicht, dass die AfD hierzu irgendeine Form von Alternative anzubieten hat. Die kommen ja aus denselben konservativen oder möchtegern-konservativen Kreisen und wollen dasselbe, wie Herr Amthor: Das Geld der Bürger in den richtigen Taschen.

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1 Herr Amthor ist nicht „hochwohlgeboren“, damit sind ihm die Privilegien der konservativen Kreise nicht in die Wiege gelegt. Wer dann, aus einer einfachen Familie kommend, in konservativen Zirkeln Fuß fassen will, braucht Geld – zum Beispiel für die Jagd. Bei diesem Geldbedarf ist schon manch konservativer Politiker auf dumme Gedanken gekommen.

2 Man muss Frau Merkel zu Gute halten, dass sie keine Regierungsressourcen bemüht hat, um ihren Nachwuchskonservativen zu unterstützen.

Wenn ich mich recht erinnere, wurde der Kontakt zur Regierung auch nicht durch Herrn Amthor, sondern durch Herrn Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg aufgenommen. Das nenne ich mal einen Konservativen. In der Union trauern sie bis heute über diesen tragischen Verlust an Vornamen, der durch sein Ausscheiden aus der Politik wegen einer Plagiatsaffäre entstand. Denn die Vornamen reichten nicht aus. Es musste ein Doktortitel dazu.

Nebst seinem Engagement für die Fake-Firma Augustus Intelligence machte Herr von und zu Guttenberg sich auch als Lobbyist für eine gewisse Firma Wirecard stark. Zitat aus Wikipedia:

Im April 2021 sagte Angela Merkel im Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Wirecard-Affäre aus, sie habe wegen der rein an Partikularinteressen eines einzelnen Unternehmens orientierten Kommunikation Guttenbergs den Kontakt zu ihm abgebrochen.

Die Konservativen haben schon recht, wenn sie Frau Merkel nicht als eine der ihren betrachten.

3 Ehrlich gesagt, war mir das als jungen Menschen auch nicht so klar, wie heute… 😉 Aber das ist ein anderes Thema.

4 Das wiederum könnte die Frau Stolla mal den führenden Personen in ihrer Partei nahebringen.

 

 

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