Die Sozialausgaben steigen und steigen...

Donnerstag, 04.04.2024

Mirko Matytschak

Eine Anfrage der Linken bringt es an den Tag: Seit 1992 haben sich die Sozialausgaben verdreifacht. Das hört sich nach ziemlich viel an. Aber wie viel ist das tatsächlich?

Die Anfrage der Linken ergab, dass sich seit 1992 die Sozialausgaben verdreifacht haben. Gegenwärtig betragen sie 1179 Mrd Euro pro Jahr. Moment mal... Der Bundeshaushalt beträgt doch nur rund 400 Mrd. Euro. Wie soll das zusammenpassen? Ich zitiere:

In diesem Sozialbudget sind unter anderem Ausgaben für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung enthalten, aber auch Grundsicherung, Entgeltfortzahlung durch Arbeitgeber, Pensionen, betriebliche Altersversorgung oder Riester-Renten.

Hier geht es also nicht um Geld, das vom Staat für Sozialausgaben geleistet wurde, sondern von den Bürgern und Unternehmen für die soziale Absicherung ausgegeben wurde. Und dass in dem Bereich von allen möglichen Playern die Hand aufgehalten wird, ist ein offenes Geheimnis. Diese Darstellung des Themas in dem zitierten Artikel halte ich für ziemlich irreführend.

Auch irreführend ist, einen Faktor anzugeben, ohne diesen Faktor in Relation zur Laufzeit zu setzen. Wir haben das vor kurzem bei den Streiks der Lokführer gesehen: Die erfrechen sich doch einfach, 15% mehr Gehalt zu fordern. Diese 15% müssen jedoch die Teuerung von drei Jahren ausgleichen. Bei einer Teuerungsrate von zuletzt 10% pro Jahr, ist das eigentlich kein so guter Deal.1

Wieviel ist eine Verdreifachung in 30 Jahren? Das berechnet man mit einer Exponentialfunktion. Die kann man mit Excel relativ gut bestimmen und dabei kommt heraus, dass 300% über 30 Jahre einer Zunahme von 4% im Jahr entsprechen. Das ist mehr als die durchschnittliche Teuerungsrate in demselben Zeitraum und spiegelt eigentlich nur wider, was wir alle schon wissen: Es verdienen mehr Leute mehr Geld an unseren Sozialausgaben, als das früher der Fall war. Sonst würde die Steigerungsrate im Bereich der Teuerungsrate liegen.

Da hilft es dann auch nichts, wenn die Sozialausgaben im Vergleich zum BIP nicht so rapide gestiegen sind. Denn bekanntlich ist das BIP kein Geld, das man einfach ausgeben kann2.

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1 Aber das wird sich in den nächsten Jahren noch als der bestmögliche Deal erweisen, wenn wir erst einmal die EU auf Kriegswirtschaft umgestellt haben. Wir können uns alle schon freuen.

2 Vielleicht kann das bei Gelegenheit mal jemand der NATO erklären. Oder den Leuten hierzulande, die unbedingt 2% des BIP für Rüstung ausgeben wollen (das entspricht ca. 20% unseres Haushalts). Und wie man hört, soll auch das nicht reichen. Die Rüstungsindustrie hat nämlich wegen des katastrophalen Endes des kalten Krieges enormen Nachholbedarf.

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