Die zivilisierte Politik des Herrn Biden

Freitag, 19.03.2021

Mirko Matytschak

Was sind wir alle froh, dass der Präsidenten-Rüpel Trump endlich abgewählt ist. Die Hoffnungen der Welt liegen nun ganz auf seinem zivilisierten Nachfolger Joe Biden. Dieser macht auch sofort klar, was die USA unter Außenpolitik verstehen.

Die Biden-Regierung macht jetzt Ernst in Sachen Nord Stream 2. Außenminister Anthony Blinken soll unmissverständlich geäußert haben, dass alle Beteiligten an dem Projekt "sofort" die Arbeiten an dem Projekt einzustellen haben, andernfalls müssen sie mit Sanktionen rechnen. Zitat:

Die USA sind strikt gegen Nord Stream 2. Washington argumentiert, die Pipeline schaffe eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen.

So ist das also. Die wollen uns vor der Abhängigkeit beschützen. Aber Fakt ist: Von den 1.200 km der Röhre ist fast alles fertig, bis auf wenige Kilometer, die im Übrigen nicht auf Deutschem Gebiet liegen.

Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Röhre allein von russischer Hand fertiggebaut wird. Die Sanktionen gegen das Verlegeschiff "Fortuna" und dessen Eigner können wir getrost in der Schublade "Symbolpolitik" ablegen.

Das werden sich die USA auch überlegt haben. Also werden sie die Sanktionen ausweiten müssen. Es wird nicht reichen, Sanktionen gegen russische Unternehmen zu verhängen, es werden deutsche und andere europäische Unternehmen daran glauben müssen. Was man unter Freunden halt so tut.

Die Rechnung ist klar: Alle Unternehmen, die mit dem Betrieb der Pipeline und mit dem Vertrieb des darüber geförderten Gases zu tun haben, werden bedroht.

Was war nochmal der Grund...?

Nehmen wir einmal an, dass das gelingt. Was passiert dann? Wird die Pipeline geschlossen? Ich denke, dass folgendes passiert:

Russische Unternehmen werden an die Stelle der europäischen Unternehmen treten, die das Gas transportieren und in Europa vertreiben sollen. Denn diese müssen die Sanktionen nicht fürchten.

Und jetzt, liebe Leser, vergleicht dieses Resultat einmal mit den Argumenten, warum die USA das ganze Theater angeblich begonnen haben.

Die Argumente seien vorgeschoben, sagt ihr? Aber es will mir bei besten Willen kein vernünftiger Grund einfallen, warum sie das dann tatsächlich machen.

Außer... glauben die wirklich, dass sie Europa zwingen können, amerikanisches Fracking-Gas zu kaufen? Nee, nö?

Ich habe gehört, dass es in Deutschland noch Personen gibt, die in der Außenpolitik der USA noch irgend einen Sinn sehen. Die glauben, dass die USA unsere Verbündeten und Freunde sind. Das ist erstaunlich.

Aber das erledigt sich jetzt von selbst, weil dieser Personenkreis gerade mit Volldampf das Projekt "Abwahl 2021" betreibt. Aber das ist ein anderes Thema.

Update 24.03.

Es gibt eine neue Runde an Information zu dem Thema, die sich sehr gut als Medienkompetenzübung eignet, genauer: Zum Üben des Lesens zwischen den Zeilen. In diesem Beitrag erfährt man an sich nichts Neues, bis zur Überschrift "Denken die USA nur an ihr Flüssiggas"? Das genau ist die Frage. Aber es ist interessant, wie diese Frage geframt wird:

Pipeline-Befürworter werfen den USA dagegen vor, nur ihr Flüssiggas in Europa besser verkaufen zu wollen.

Auf solch eine Idee kann aber auch nur ein Pipeline-Befürworter kommen. Alle anderen finden das absurd. Wenn ich also nicht geblendet bin, von den Vorteilen, die ich mir von der Pipeline erhoffe, dann könnte ich sehen, dass Europas Sicherheit in Gefahr ist? Oder ist es genau anders herum?

In Berlin wird unter anderem argumentiert, dass eine Politik, die auf eine wirtschaftliche Isolation Russlands setzt, große Gefahren bergen könnte.

Ich übersetze das mal in nicht-diplomatische Sprache. Lieber Herr Blinken, sie sollten mal dringend beim Lichttest vorsprechen.

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