Seehofers Obergrenze
Sonntag, 03.01.2016
Nun ist Herr Seehofer mit seiner Obergrenze konkret geworden: Maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr. Ein kurzer Blick auf die Landkarte zeigt, dass diese Forderung Unsinn ist. Aber, liebe Leser, begeht nie den Fehler, solchen Unsinn und ihre Urheber zu unterschätzen.
Ich möchte die Karte kurz erläutern.
Die gelben Gebiete sind die Kampfzonen in Syrien und im Irak, vor denen die Menschen fliehen.
Die braunen Gebiete sind theoretisch für die Flüchtenden erreichbar, aber ein Aufenthalt ist schwierig bis unmöglich. Die Türkei, Jordanien, der Libanon und Ägypten haben Flüchtlinge in Millionen-Anzahlen aufgenommen, die Verhältnisse in den Flüchtlingslagern sind aber so schlecht, dass man sie als lebensbedrohlich bezeichnen könnte [1], [2]. Das ist die Bedeutung der Totenköpfe auf der Karte.
Die orangen Gebiete sind Palästina und Israel. Man müsste auf sehr zynische Scherze zurückgreifen, um sich Flüchtlinge in diesen Ländern vorstellen zu können.
Die mit Stacheldraht eingezäunten Gebiete gehören zur EU und sollen demnächst besser geschützt werden. Der Name "Frontex" ist bereits verbraucht, der Name der Nachfolgeorganisation wird es wohl auch bald sein.
Wenn die gegenwärtigen Flüchtlingszahlen nicht nachlassen (und es sieht nicht danach aus), werden sich 2016 weitere 1,5 Millionen Flüchtende auf den Weg nach Europa machen. Minus 200.000, die Herr Seehofer gnädigerweise aufnimmt, bleiben 1,3 Millionen.
Wo also sollen die 1,3 Mio Flüchtlinge hin? Ganz einfach: Es hat ja noch die blauen Gebiete. Und ansonsten kann's uns ja wurst sein.
Nicht unterschätzen!
Unterschätzt niemals Personen aus der Politik und dem öffentlichen Leben, die – oberflächlich betrachtet – solchen Unsinn von sich geben. Herrn Seehofer ist es ernst. Es geht unter anderem um die christliche Leitkultur und darum, dass ihm seine Wähler nicht abwandern.
Bildnachweis:
Karte: Open Streetmap, von mir koloriert und mit Icons versehen
Bombe und Totenkopf: Icons made by Freepik from www.flaticon.com (licensed under CC BY 3.0)
Bitte unterlasst Kommentare, die sich auf die Grenzlinie zwischen Griechenland und der Türkei beziehen. Die Grenzziehung ist schematisch gedacht und es ändert nichts am Sinn des Artikels, wenn die eine oder andere Insel anders zugeordnet wird.
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