Massenhysterie nach Köln

Montag, 11.01.2016

Mirko Matytschak

Die Diskussion um die Vorfälle in Köln artet mehr und mehr zur Massenhysterie aus. Das war bei der Melange aus Angstthemen auch nicht anders zu erwarten. Es dient jedoch niemandem, wenn die Presse irrationale Ängste instrumentalisiert, um die Politik vor sich herzujagen.

Ich glaube manchmal, ich bin in einem großen Irrenhaus. Eine mehrtägige Äußerungssperre, die allen Beteiligten die Chance gäbe, einmal durchzuschnaufen und nachzudenken, bevor man etwas sagt, täte dringend not. Dabei gibt es sicher Leute, die politisch von der Hysterie profitieren – zumindest kurzfristig.

Zunächst einmal: Vor Köln konnte man regelmäßig nachlesen, dass durch die Asylbewerber nicht mehr Straftaten verübt wurden, als im sonstigen Bevölkerungsschnitt. Wir haben ja schon öfter das Argument mit den alleinstehenden jungen Männern gehört und verschiedene Zahlenwerke konnten dieses Argument deutlich widerlegen.*

Mich würde jetzt interessieren, ob diese Statistik durch die Vorfälle von Köln irgendwie verändert wurde. Gibt es plötzlich mehr Sexualdelikte durch Asylbewerber oder Personen aus dem arabischen / nordafrikanischen Raum?

Ich bezweifle das. Es gibt Ermittlungen gegen 31 Personen bzw. 21 Tatverdächtige. Selbst wenn alle von ihnen überführt werden könnten, würde das auf die Gesamtstatistik wenig Einfluss haben.

Die Dunkelziffer? Die meisten sexuellen Übergriffe entstehen nicht im öffentlichen Raum, sondern in privaten Haushalten und werden durch die Familie gedeckt. Auch unter Einbeziehung der Dunkelziffern ergibt sich daher kein anderer Blickwinkel.

Die Politiker überbieten sich nun mit Vorschlägen (Besser: Überschlägen), um der Presse irgendeine Form von Aktionismus zu liefern. Dabei ist keiner dieser Vorschläge in der Lage, mehr von dem Schutz zu bieten, um den es angeblich geht.

Tatsache ist: Die Polizei ist von der Massivität der Vorfälle überrumpelt worden. Das ist schlecht, aber nicht zu ändern. Aber man könnte sich künftig besser aufstellen. Ich habe jedoch noch keinen konkreten Vorschlag gehört, der in Richtung einer besseren Organisation geht, sodass Polizeipräsenz schneller aufgebaut werden kann. Man möchte meinen, wir hätten erst seit Ende Dezember Facebook und Twitter und dadurch irgendwelche plötzlichen Massenphänomene.

Und dann kommt der Herr Maas und sagt, dass das jemand organisiert hat. Kann schon sein. Fefe stellt sich das etwa so vor:

"Hmm, mal von Facebook und Whatsapp gehört? Ein Gerücht, dass man da ungestört grapschen kann und dass es da billig Alkohol gibt, und die Sache läuft von ganz alleine"

Wie wäre es, wenn der Herr Maas mal die entsprechenden Tweets etc. suchen lässt? Man müsste die doch finden können. Möglicherweise ist das aber auch nicht opportun. Denn solange diese nicht gefunden sind, lässt sich das Bild einer organisierten Horde dunkelhäutiger Wilder besser pflegen.

Es gibt aber noch ein anderes vorstellbares Bild. Die nicht auffindbaren Tweets oder Facebook-Einträge könnten genausogut von gefakten Identitäten kommen. Verschwörungstheorie? Mitnichten. Tägliche Praxis.

Jetzt aber nicht wirklich, oder?!?

 

* Ich habe mich bemüht, Zahlen aus einer Quelle zu zitieren, die nicht so leicht dem Verdacht ausgesetzt werden kann, die Zahlen beschönigt zu haben.

Kommentare

Kein Kommentar zu diesem Beitrag