Nuhr zum Kotzen

Montag, 01.01.2024

Mirko Matytschak

Ich dachte, ich hätte zum Angriff der Hamas alles gesagt, was es zu sagen gibt. Und das ist ja prinzipiell auch der Fall. Aber ich könnte nicht so viel essen, wie ich kotzen könnte, wenn ich mir die Propaganda eines so genannten Kabarettisten im ARD zu Gemüte führe.

Die Rede ist von Dieter Nuhr, der den UNO-Generalsekretär ungestraft einen Antisemiten und Rassisten schimpfen darf, nur weil der die offensichtliche Vertreibungspolitik der israelischen Regierung nicht als Recht zur Selbstverteidigung bezeichnet.

Wer sich im Übrigen dafür interessiert, wie dieses Recht auf Selbstverteidigung aus Sicht des Völkerrechts gesehen werden kann, dem sei dieser Vortrag empfohlen. Aus dem Vortrag geht hervor, dass man aus einem bestimmten Blickwinkel dieses Selbstverteidigungsrecht durchaus konstruieren könnte, wenn man sich ein wenig streckt und biegt.

 

Dieses Recht ist keinesfalls garantiert1 und noch viel weniger ein Freibrief für ungehemmte Rachefeldzüge, die bei mittlerweile über 20.000 toten Palästinensern aus dem Gaza-Streifen einen Parkplatz machen sollen. Dennoch ist das „Selbstverteidigungsrecht“ bei uns die vorherrschende Lesart, während 20 Raketen, die möglicherweise gar keinen Schaden angerichtet haben, bei uns als „Raketenhagel“ bezeichnet werden2. (Ich werde natürlich nicht müde, zu betonen, dass es verdammte Vollidioten auf Seiten der Hamas sind, die immer noch diese Raketen abschießen.)

Und wenn nun der Herr Guterres darauf hinweist, dass der Angriff der Hamas auf Israel eine Vorgeschichte hat, dann fällt dem Herrn Nuhr nichts Besseres dazu ein, als ihn als Antisemiten zu beschimpfen.

Ich weiß nicht, auf welchem Planeten der Herr Nuhr in den letzten Jahren gelebt hat. Aber in Israel haben wir seit Jahren den Scharfmacher Netanjahu an der Macht, der gegenwärtig mit einer üblen Mischpoke von rechten Parteien die Regierung bildet. Und während der Herr Netanjahu seit Jahren seine Vertreibungspolitik betreibt, aber immer so klug ist, diese nicht so zu nennen, werden seine Regierungspartner expliziter:

Vertreibung der Palästinenser aus dem Gaza-Streifen

Der Mann ist nicht ein Schreihals in irgendeiner rechten Ecke, der Mann ist Minister in Israel.

Aufwachen

Ich denke, Deutschland sollte langsam aufwachen und erkennen, dass unsere besondere Verantwortung für das Schicksal der Juden sich nicht darin erschöpfen kann, alles toll zu finden, was eine korrupte und klar rassistische Regierung in Israel mit den Palästinensern so anstellt.

Kritik an dieser Regierung bedeutet keinesfalls, dass wir denjenigen Vorschub leisten, die dem grausamen und idiotischen Überfall der Hamas auf israelische Siedlungen Beifall spenden.

Dazwischen gibt es jede Menge Raum für eine differenzierte Meinungsbildung. Wäre der Herr Nuhr ein geistreicher Kabarettist, hätte er diesen Raum genutzt. So aber kann ich in Hinsicht auf die Fähigkeit zu einer differenzierten Betrachtung des Zeitgeschehens nicht wirklich einen Unterschied zwischen ihm und den Schwarz-Weiß-Malern aus der rechten Ecke erkennen, die er so häufig zu kritisieren vorgibt.

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1 Das Hauptproblem daran ist, dass das Recht auf Selbstverteidigung durch den Angriff eines anderen Staates entsteht. Gaza ist aber kein anderer Staat. Es ist ein von Israel besetztes Gebiet. Die Palästinenser haben keinen Staat. Nähme man einen so genannten „De-Fakto-Staat“ an, entstünde ein weiteres Problem dadurch, dass die Hamas ja nicht die Regierung dieses Staates ist. Diese Einschätzung wächst nicht auf meinem eigenen Mist, sondern ist der Kommentar von Dustin Hoffmann, der den oben genannten Vortrag auf dem CCC gehalten hat.

2 Man muss n-tv zu Gute halten, dass sie diesen „Raketenhagel“ in Anführungszeichen setzen. Offensichtlich stammt der Ausdruck von der Hamas selbst, was eine krasse Selbstüberschätzung wäre.

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