Bringt uns Trump den Frieden?

Sonntag, 14.01.2024

Mirko Matytschak

Die Idee, dass gerade Donald Trump in irgendeiner Weise mit Frieden zu tun haben könnte, klingt absurd. Aber wenn wir einmal um eine Ecke herumdenken, ergäbe sich tatsächlich ein Szenario. Dass dieses Szenario dennoch weltfremd ist, liegt ausnahmsweise einmal nicht an Trump.

Wir werden niemals kommen, um ihnen zu helfen

In den letzten Tagen geisterte eine Äußerung des EU-Kommissars für Industriepolitik und Verteidigung Thierry Breton durch die gesamte Medienlandschaft. Dieser erinnerte an eine Äußerung von Trump im Rahmen des Weltwirtschaftsforums 2020:

Laut der Erzählung des Politikers habe Trump seine Warnung im Jahr 2020 am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos ausgesprochen. „Sie müssen verstehen, dass wir niemals kommen werden, um Ihnen zu helfen und Sie zu unterstützen, wenn Europa angegriffen wird“, soll Trump der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gesagt haben. Breton war nach eigener Aussage bei dem Treffen ebenfalls anwesend.

Breton will natürlich auf eine bessere Verteidigungsfähigkeit Europas hinaus. Sie wissen schon:  Die Kriegstüchtigkeit… Oder, um es mit Volker Pispers zu sagen: „Es soll nie wieder ein Krieg ohne Deutschland ausgehen“, oder so…

So funktioniert die NATO – nicht

Eins der Highlights der Trump-Tiraden 2020 war die folgende Aussage:

Und übrigens, ihr schuldet mir 400 Milliarden Dollar, weil ihr Deutschen nicht gezahlt habt, was ihr für die Verteidigung zahlen müsstet.

Man müsste meinen, diese Äußerung käme von einem Schwachsinnigen, wenn wir nicht wüssten, dass diese Äußerung mit aller Intelligenz, derer der Herr Trump fähig ist, an Schwachsinnige adressiert ist. Die Idiotie dieser Aussage wurzelt in zwei Gründen:

  1. Gäbe es tatsächlich eine Zahlungsverpflichtung an die USA, würde Deutschland die 400 Mrd. nicht dem Herrn Trump persönlich, sondern den USA schulden.
  2. Rechnet Trump damit, dass die Schwachsinnigen auf dem WEF nicht verstehen, wie die NATO funktioniert. Die NATO-Mitgliedsstaaten zahlen nicht eine Summe von 2% ihres BIP an die USA, damit die damit Rüstung finanzieren kann. Sie stellen diese Summe in ihren eigenen Wehretat und stärken damit ihre eigenen Armeen und indirekt – so die Idee – die Verteidigungskraft der NATO. Hier schuldet also niemand dem Herrn Trump oder den USA irgendetwas.

Die geistige Tiefe dieser Aussage mag sich aber auch an den Teil der Bevölkerung in den USA richten, der tatsächlich glaubt, dass Amerika zu einer nie gehabten Größe zurückkehren könnte, wenn Trump zum zweiten Mal Präsident wird. Aber was weiß ich schon?

Zahle nie Geld an Erpresser

Aber mal angenommen, der Herr Trump würde die Wahl 2024 gewinnen und die 400 Mrd. seiner Schutzgelderpressung von Deutschland einfordern. Es gibt nun zwei Möglichkeiten

  1. Wir zahlen das Geld.
  2. Wir zahlen das Geld nicht.

Da man nie auf Forderungen von Erpressern eingehen soll, kommt eigentlich nur Möglichkeit Nr. 2 in Betracht. Und daraus ergeben sich interessante Folgerungen.

Angenommen, der Herr Trump ist Präsident und will so richtig von den Europäern abkassieren – denn was mit Deutschland funktioniert, sollte auch mit anderen europäischen Ländern funktionieren.

Der neue Deal

Natürlich hätten wir jetzt die Möglichkeit, uns im Sinne des Herrn Pistorius kriegstüchtig zu machen. Aber Moment mal… Bevor wir das tun, sollten wir einmal kurz nachdenken.

Was ist eigentlich der Deal mit den USA? Die USA haben versprochen, uns im Kriegsfall beizustehen. Wir unterstützen im Gegenzug ihre imperialistische Politik weltweit und vor allem gegen Russland. Wir verhängen Sanktionen, die uns nur Nachteile bringen, für den strategischen Vorteil der USA. Das ist Teil des Deals.

Wenn die USA ihr Versprechen aufkündigen, müssen wir ja nicht mehr ihre Weltmachtsambitionen unterstützen. Unsere Regierung könnte daher folgendes tun:

  1. Sie führt Friedensverhandlungen mit Russland. So bescheuert ist der Herr Putin bestimmt nicht, dass er darauf nicht eingehen würde.
  2. Sie restauriert die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und sorgt in diesem neuen Bündnis für die Wiederherstellung der Nordstream-Pipelines. Das bringt uns auf die Schnelle günstiges Gas.
  3. Die Friedensverhandlungen mit Russland werden von Zugeständnissen in Sachen Ukraine abhängig gemacht:
    • Russland beendet die Besetzung und verlässt die Gebiete in der Ostukraine.
    • Russland beteiligt sich an den Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine.
    • Russland mietet die Krim für 99 Jahre von der Ukraine für eine faire Pachtgebühr. Danach gibt es einen Volksentscheid auf der Krim, mit dem die künftige Zugehörigkeit der Halbinsel festgelegt werden soll.
    • In einer Dreierkonferenz zusammen mit der Ukraine wird festgelegt, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO wird. Denn dass die USA nicht zur Hilfe kämen, wenn die Ukraine Mitglied wäre und in Schwierigkeiten geriete, ist ja durch Trumps Äußerungen bereits abzusehen. Andere Präsidenten werden sich für die Ukraine ebenso wenig die Hände schmutzig machen. Die Mitgliedschaft bringt also nichts, außer zusätzliche Kosten zzgl. Gelder für die Schutzgelderpressung, die die Ukraine ohnehin nicht hat.

Das wären die Möglichkeiten, die wir hätten, wenn wir einmal nicht auf die USA Rücksicht nehmen müssten.

Ich weiß: Das wird nicht geschehen. Aber man wird ja wohl mal Visionen haben dürfen. Und nein danke, ich brauche keinen Arzt. Dieser Beitrag soll nicht mehr sein, als ein Kristallisationskeim für Eure Gedankenspiele.

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P.S.: Die Gedankenspiele legen zum Beispiel nahe, dass wir im diplomatischen Austausch mit den USA durchaus Verhandlungsmasse haben.

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