Das gute Geschäftsklima in den USA

Dienstag, 07.02.2023

Mirko Matytschak

Was hatten wir schon lange nicht mehr? Richtig: Einen Beitrag über das ach-so-schlechte Geschäftsklima in Deutschland. Was manchen Betrachtern wie Journalismus erscheint, ist einfach nur eine PR-Meldung von Interessengruppen der Wirtschaft, die eine weitgehende Befreiung von Regulierungen anstreben, die der Rückkehr zum Frühkapitalismus im Weg stehen.

Fehlende Subventionen, teurer Strom, Überregulierung: Die Unternehmen in Europa können uns direkt leid tun. Zumindest, wenn wir Beiträge wie diesen hier betrachten. Kein Wunder, wenn bei diesem miesen Geschäftsklima, die Firmen lieber in die USA ziehen.

Dort ist alles besser. Zitat bei 1:02:

Beispiel Aurubis. Der Kupferproduzent zahlt für Strom in Deutschland fünf mal so viel, wie in Amerika. Das neue Werk dort dauerte zudem die Genehmigung gerade einmal acht Monate. Ein ganz anderes Geschäftsklima.

Das Geschäftsklima begeistert den Sprecher derart, dass er in einen sprachlichen Wettstreit mit dem Herrn Stoiber tritt. Der Vorstandsvorsitzende von Aurubis weiß dann auch zu ergänzen:

Europa geht leider immer noch den Weg einer sehr detaillierten Regulierung, sodass also Politiker im Detail festlegen wollen, wie die Industrie, wie die Wirtschaft entsprechende Zielsetzungen umsetzt.

Das ist natürlich sehr betrüblich, wenn Regulierungen so detailliert sind, dass Unternehmen ins Ausland auswandern, um tausende Arbeitslose in Europa zurückzulassen. Und irgendein dumpfes Gefühl sagt mir, dass es mit einer weniger detaillierten Regulierung á lá „Umwelt verdrecken ist grundsätzlich verboten“ nicht getan wäre.

Und dass Politiker im Detail festlegen wollen, wie „entsprechende Zielsetzungen“ umgesetzt werden, wäre geradezu als Frechheit zu bezeichnen, wenn es nicht der Job eben dieser Politiker wäre, in ihren Festlegungen detailliert zu sein. Eine Bredoullie. Ich möchte kein Politiker sein, der über Festlegungen zu Zielsetzungen zu entscheiden hat. Da kann ein neues Werk schon mal dauern.

Aber ich bin gespannt, wie es der Firma Aurubis mit dem billigen Strom in Amerika so gehen wird. Der Vorstandsvorsitzende kann sich hier schon mal einen Vorgeschmack verschaffen.

Austin city officials are now saying that some 30,000 homes and businesses might not get their electricity back for another week.

Ein ganz anderes Geschäftsklima, wenn Ihr mich fragt. Aber vielleicht trifft es nur die Privathaushalte und kleinere Firmen, wie zum Beispiel der Supermarkt, der seine gesamte Tiefkühlkost wegen des Stromausfalls in Müllcontainern entsorgen musste. Was im Übrigen zu einem Sturm durch ca. 250 Personen führte, die sich aus den Containern eine Ergänzung ihrer Nahrungsversorgung fischen wollten.*

Das so gepriesene Geschäftsklima in den USA basiert nämlich unter anderem auf derart niedrigen Löhnen, dass die arbeitende Bevölkerung zum Großteil verarmt ist. Es wird Zeit, dass Deutschland hier nachzieht und ein ähnliches Geschäftsklima schafft, damit nicht eintritt, was als Fazit auf die Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden folgt:

Das schnarchige Europa könnte also abgehängt werden [...] von China und jetzt auch den USA.

Ich habe eine ziemlich klare Vorstellung davon, was solche Vorstandsvorsitzenden unter einem guten Geschäftsklima verstehen:

  • Kürzung der Löhne
  • Abschaffung des Mindestlohns
  • Abschaffen der Umweltregulierungen
  • Billiger Strom für Unternehmen, der von der Regierung subventioniert wird
  • Kürzung der Sozialleistungen
  • Steuererleichterungen für Unternehmen
  • Kürzen des Spitzensteuersatzes

Wenn wir dann noch 100 Mrd. Sondervermögen für die Rüstungsindustrie ausgeben, ist mir um den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht bange. Es wird Zeit, dass wir wieder einmal eine konservative Politik in Deutschland bekommen. Es gibt viel zu tun!

Update 08.02.23: Dieser Artikel zeigt sehr schön, was sich Firmen unter einem guten Geschäftsklima vorstellen. Wenn Deutschland 10 Mrd Euro locker macht, dann erzählt Intel vielleicht in den USA, was wir hier für ein gutes Geschäftsklima haben.

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* Bei n-tv findet man solche Nachrichten nicht. Statt dessen ein Bericht über Russen, die abgelaufenes Essen kaufen.

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